Systematik - Kennzeichen - Ökologie - Verhalten - Phänologie - Gefährdung - Literatur

Allgemeines über Steinfliegen

Im Urania Tierreich (Auflage 1994) sind zu den Steinfliegen u. a. folgende einleitende Sätze zu lesen: “Obwohl die Plecopteren gar nicht zu den sehr kleinen Insekten gehören, ... , sind diese unansehnlichen Tiere dem Laien kaum bekannt. Sie besitzen auch weder in ihrer Morphologie noch in der Lebens- und Verhaltensweise irgendeine Besonderheit, durch die sie unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnten.” Nicht nur ich bin da ganz anderer Ansicht. Zahlreiche Wissenschaftler auf der ganzen Welt forschen schon seit vielen Jahren mit immer wieder neuen und interessanten Ergebnissen an diesen Insekten. Dabei sind viele Fragen nach wie vor offen und besonders zur physiologischen Anpassung an ihrem kalten Larvallebensraum, sowie zu ihrem ungewöhnlichen Paarungsverhalten wird immer wieder neues und spannendes herausgefunden. Auch haben Steinfliegen eine wichtige Rolle als Indikatororganismen in der Gewässerreinhaltung.

Hier ist eine kurzer Abriß einiger interessanter Eigenschaften und Merkmale der Steinfliegen zusammengestellt. Wer genaueres wissen will, dem sei die unten genannte Literatur (besonders Zwick,1980) empfohlen. Auch will ich gern Fragen beantworten: -Email-

Was sind Steinfliegen?

Steinfliegen sind eine Insektenordnung vergleichbar z. B. den Käfern oder Schmetterlingen. Im Gegensatz zu diesen stellen sie jedoch mit weltweit 2000 bis 3000 bekannten Arten (Schmetterlinge: 150 000 ; Käfer: 350 000 ) eine relativ kleine Ordnung dar.

Neben dem Namen Steinfliegen findet man oft auch die Bezeichnung Uferfliegen. Beide Namen weisen auf den Lebensraum der Imagines an steinigen Ufern von Fließgewässern hin (Imago = vollentwickeltes Insekt; plural: Imagines). In Literatur die 70 Jahre oder auch älter ist findet man auch häufig die Bezeichnungen Frühlingsfliegen oder Afterfrühlingsfliegen. Die wissenschaftliche Bezeichnung Plecoptera bezieht sich darauf , daß sie ihre breiten Flügel (griechisch: pteryg) in Ruhelage ähnlich einem Fächer längs eingefaltet (griechisch: plec) flach auf dem Rücken zusammenlegen.

In der Systematik der Insekten gelten die Steinfliegen als ursprüngliche Neoptera. Unter Neoptera versteht man Insekten, denen ein zusätzliches Flügelgelenk ein Zusammenlegen der Flügel auf dem Rücken in Ruhelage ermöglicht. Eine Reihe von Merkmalen, die innerhalb der Insekten als primitiv gelten, deuten auf ihre Urtümlichkeit hin. So z. B. ihre nur wenig von der Grundform abgewandelten Mundwerkzeuge. Auch gilt ihre hemimetabol (schrittweise Umwandlung ohne Puppenstadium) Entwicklung von der sehr ähnlich aussehenden Larve zum Imago als ursprünglich.

Insgesamt aber ist die verwandtschaftliche Stellung der Steinfliegen in der Systematik der Insekten noch nicht ganz klar. Zwick (1980) hält auch eine Stellung der Steinfliegen als Schwestergruppe zu den Neoptera für möglich.

Dagegen sind die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Steinfliegen bis in die Familien hinein außerordentlich gründlich von Zwick (1973) untersucht und belegt worden. Auf Grundlage der von Hennig entwickelten Methode der konsequenten phylogenetischen Systematik stellte Zwick ein System auf, das die stammesgeschichtliche Entwicklung der Steinfliegen widerspiegelt und bis heute unangefochten geblieben ist (vergl. Zwick 1973, 1974, 1980 oder 2000).

Wie erkenne ich Steinfliegen?

Imagines: Steinfliegen werden 4 mm bis 40 mm lang und die meisten Arten sind in unauffälligen braunen und schwarzen Tönen gefärbt. Nur die Chloroperlidae und wenige Arten der Perlodidae sind in hellerem Gelb bzw. Grün gefärbt. In ihrer äußeren Form stimmen alle Steinfliegen in ihrem langgestreckten Erscheinungsbild überein, was auch durch die zumeist über körperlangen gerade flach auf dem Rücken liegenden Flügel noch verstärkt wird. Bei den Leuctridae und den Taeniopterygidae sind die Flügel zudem noch mehr oder minder um den Hinterleib gerollt, so daß die Tiere ähnlich Tannennadeln stäbchenförmig erscheinen. Bei einer Reihe von Steinfliegenarten aus den unterschiedlichsten Familien sind die Flügel der MännchenDiura bicaudata: Männchen mit brachypteren Flügeln (46 KB) aufällig verkürzt. Man bezeichnet sie als brachypter, wenn die Flügel so verkürzt sind, daß sie zum fliegen nicht mehr taugen; als micropter , wenn die Flügel nicht mal das nächst hintere Körpersegment erreichen. Die Fühler der Steinfliegen sind lang   (i. d. R. 2/3 der Körperlänge) und nach vorn gerichtet. Das fast immer zuerst genannte Merkmal der Steinfliegen - sowohl der Larven als auch der Imagines - sind die langen  Schwanzfäden (Cerci, Singular: Cercus). Sie bestehen aus vielen kleinen Gliedern und ähneln sehr den Fühlern am Kopf. Jedoch fällt dieses Merkmal zur Erkennung als Steinfliege im Gelände bei den Imagines der Leuctridae, Nemouridae und den Taeniopterygidae aus. Ihre Cerci bestehen nur aus einem bzw. sehr wenigen Gliedern, so daß sie nicht in typischer Weise am Hinterende unter den Flügel hervorragen. Hier sind dann die oben genannten Merkmale ( matte dunkle Färbung, langgestreckte schlanke Form) wichtig. Auch im Flug sind Steinfliegen mit ein bißchen Übung zu erkennen. Vorder- und Hinterflügelpaare sind ungefähr gleich groß entwickelt und sind im Flugbild deutlich voneinander zu trennen da sie unabhängig von einander und relativ langsam geschlagen werden (anders als z. B. bei Hymenoptera). Steinfliegen sind keine akrobatischen Flieger. Schwerfällig schräg hängen sie in der Luft und fliegen meist schnurgerade aus, als hätten sie erst gerade das Fliegen für sich entdeckt.

Verwechslungen: Im Flug können Steinfliegen leicht mit Schlammfliegen (Megaloptera: Sialis) die oft im gleichen Biotop vorkommen, verwechselt werden. Wenn diese sich hinsetzen, legen sie jedoch ihre Flügel seitlich an den Körper, wie ein Dach. Auch mit verschiedenen Hymenoptera (dann aber nicht im Flug) werden sie schon mal auf die Schnelle verwechselt. Diese sind aber an der typischen Wespentaille (Ausnahme Symphyta) und den wie “Tiffany”-Lampen geäderten glänzenden Flügeln (bei Steinfliegen meist dicht geädert und matt) auch ohne Lupe schon leicht zu unterscheiden.Perlodes microcephalus: Kopf eines Männchens (20 KB)

Mundwerkzeuge: Sie sind vom beißend- kauendem Typ, der ursprünglichsten Form der Insektenmundwerkzeuge. Bei allen Steinfliegenimagines sind sie stark zurückgebildet und übernehmen meist nur noch eine leckende oder schabende (Baumalgen) Funktion. Sie zeigen nach vorn (prognath), was besonders bei den größeren Arten der Perlidae und Perlodidae, deren Körper auffällig dorsoventral abgeplattet sind, gut zu sehen ist (siehe Foto rechts).

Larven: Die Larven der Steinfliegen unterscheiden sich von den Imagines eigentlich nur in zwei Merkmalen: Sie haben voll ausge- bildete kräftige Mundwerkzeuge (besonders die räuberischen Familien der Perlidae, Perlodidae und Chloroperlidae)  und noch keine Flügel. An Stelle der Flügel tragen sie auf dem  2. und 3. Thorakalsegment Flügelscheiden, in denen die späteren Flügel herangebildet werden. Bei ausgewachsenen schlupfreifen Larven ( den sog. Nymphen) sind unter der Lupe die eng zusammengefalteten Flügel bereits durch die Flügelscheidenhaut zu erkennen, diese erscheinen dadurch auffallend dunkel. Ansonsten sehen die Larven den Imagines so ähnlich, daß man z. B. microptere Männchen der Nymphe von Leuctra nigra (13 KB)Gattung Capnia in der äußeren Form kaum von deren Larven unterscheiden kann. Da die Larven aller bekannten Arten aber im Wasser leben (Ausnahme: einige wenige Arten in Neuseeland) bekommt man hier keine Unterscheidungsprobleme.

Als Larve haben ausnahmslos alle Arten der mitteleuropäischen Fauna zwei lange Schwanzfäden. Sie sind den Fühlern ungefähr gleich lang. Die dreigliedrigen Tarsen (Insektenfüße) tragen zwei Klauen. Bei ungefähr der Hälfte der einheimischen Arten finden wir Kiemenstrukturen an den unterschiedlichsten Stellen: Perlidenlarven tragen Dinocras cephalotes: Larve mit Kiemenbüscheln (21 KB)Detail_Kiemenbüschelige Kiemen zwischen den Coxen (Hüftglieder der Beine. siehe Foto, links) und oft auch an den Paraprocten (ungefähr zwischen den Cerci zu erkennen). Die Gattung Amphinemura (Nemouridae) trägt ein paar Kiemenbüschel am Hals. Die Gattung Protonemura (Nemouridae) trägt an gleicher Stelle je drei schlauchförmige Kiemen an jeder Seite. Sie sind bei den Imagines meist noch als Rudimente zu sehen. Die büschelförmigen als verklebte Knoten, die schlauchförmigen bei Protonemura fast unverändert.

Von ihren larvalen Mitbewohnern in den einheimischen Fließgewässern sind sie daher leicht zu unterscheiden. Nie haben Steinfliegenlarven seitlich an den Segmenten des Hinterleibs sitzende Kiemen wie die Larven der Eintagsfliegen und vieler Köcherfliegen. Immer haben Steinfliegenlarven zwei lange Cerci und lange Fühler. Köcherfliegenlarven tragen den besagten Köcher haben verschwindend kleine Fühler und keine Cerci. Eintagsfliegen haben dagegen immer drei Schwanzfäden (Ausnahme: Epeorus) und eben die seriellen Kiemen am Abdomen (= Hinterleib). Manchmal werden auch Larven der Wasserkäfer Agabus oder Platambus mit Steinfliegenlarven verwechselt. Sie haben tatsächlich zwei Schwanzfäden. Diese bestehen aber nur aus wenigen Gliedern. Zudem fehlen Flügelscheiden ebenso wie die drei Tarsenglieder und die langen Fühler.

Wo und wie leben Steinfliegen? (Ökologie und Verhalten)

Steinfliegen gehören zu den Wasserinsekten. Wie auch Libellen, Eintagsfliegen, Köcherfliegen und eine Reihe von Diptera (z. B. Schnaken und Mücken), leben die Larven im Wasser und die Imagines an Land. Das bezeichnet man als merolimnische Lebensweise. Da die Steinfliegenimagines überzeugte Fußgänger sind (obwohl sie fliegen können tun sie es nur selten und ungeschickt), finden wir sie immer in direkter Nähe zum Gewässer in dem sie auch schon ihr Larvalleben verbracht haben. Dies sind fast ausschließlich Fließgewässer. Nur wenige Arten kommen auch in stehenden Gewässern vor. Diese müssen dann aber sehr sauerstoffreich sein, und das sind sie meist nur, wenn sie sehr kalt sind, wie in Skandinavien oder in den Alpen. Es gibt eigentlich nur vier Arten, die auch in Stillgewässern der mitteleuropäischen Tiefebenen und Mittelgebirge zu finden sind, so z. B. in Waldtümpeln, Weihern, Mooren oder auch den ufernahen Bereichen glazialer Seen in Norddeutschland. Es sind die in ihrer larvalen Lebensweise speziell angepaßten Nemoura avicularis und Nemoura dubitans, sowie Nemoura cinerea und Nemurella picteti, die wohl als einzige der einheimischen Arten eine recht weite ökologische Valenz zeigen. Alle anderen haben ihren Larvallebensraum im Fließgewässer, wobei die einzelnen Arten wiederum ganz enge Anpassungen an unterschiedliche Fließgewässerformen und auch Zonen im Verlauf des Flusses zeigen. So gibt es Arten, die ausschließlich in Sandbächen vorkommen, wie man sie in den Ebenen findet (z. B. Isoptena serricornis, die sehr tief im sandigen Bachbett gräbt). Auch Taeniopteryx nebulosa lebt vor allem in sandigen größeren Bächen und Flüssen, lebt hier aber auf Todholz und in Falllaubnistern und ernährt sich von den sich zersetzenden Blättern. Die meisten Arten leben jedoch in steinigen Bächen der Mittelgebirge und besonders der Hochgebirge. Dabei zeigen die meisten Arten einen spezifischen Vorzug (Präferenz) für bestimmte Gewässerabschnitte (Zonierung). So können wir typische Flußarten (z. B. Xanthoperla apicalis, Isoperla obscura) oder Quellbacharten (z. B. Diura bicaudata, Isoperla görtzi) von Arten der oberen oder auch unteren Forellenregion oder der Äschenregion unterscheiden.

Die meisten Steinfliegenlarven leben auf und unter Steinen im stark durchströmten Bereich des Gewässers. Hier ist eine ausreichende Sauerstoffversorgung jederzeit gewährleistet. Die Familien der Nemouridae, Leuctridae, Capniidae und Taeniopterygidae ernähren sich hauptsächlich als Destruenten (Zerkleinerer) abgestorbener Pflanzenteile (besonders Fallaub) und Abweider von Algen und Kieselalgenaufwuchs (Weidegänger). Die Larven der Perlidae Perlodidae und Chloroperlidae leben ab einem gewissen Alter räuberisch indem sie meist nachts die Larven anderer Wasserinsekten aber auch der eigenen Art jagen. Sie sind dabei sehr gefräßig und ergreifen alles was von der Größe einigermaßen zu überwältigen ist. So wachsen sie recht schnell heran und selbst bei Wassertemperaturen nur knapp über 0°C ist bei diesen Arten noch eine Größenzunahme zu messen. Während ihrer Entwicklung häuten sich die Larven je nach Art 12 bis 23 mal. Dabei zeigen die kleineren Arten weniger Häutungen als die großen und die Weibchen ein bis zwei Häutungen mehr als die Männchen. Dem letzten Larvenstadium folgt die Emergenz, der Schlupf der fertigen Steinfliegenimago. Dazu verläßt die Nymphe das Wasser und verankert sich mit ihren Klauen an einem geeigneten Untergrund. Dies kann alles mögliche sein, solange es der Nymphe für den Schlupf genug Halt bietet. Hierbei werden unterschiedlich weite Wege zurückgelegt. Die Emergenz einer Reihe von Leuctridae und Nemouridae erfolgt bereits 10 cm bis 30 cm entfernt vom Wasserspiegel z. B. an Steinen oder Baumstämmen. Andere wie z. B. Brachyptera steigen ca. 1 m bis 2 m weit aus dem Wasser. Bei Perlodidae und Perlidae kann man die Exuvien (letzte nach dem Schlupf der Imago zurück gelassene Larvenhaut) auch über 4-5 m manchmal bis über 10 m weit vom Ufer entfernt finden. Meist werden dabei mehr oder minder senkrechte vom Boden erhöhte Stellen, wie Gräser, Zweige, Baumstämme aber auch Betonwände unter Brücken und Felsen aufgesucht. Der Schlupf erfolgt nachts oder in den frühen Morgenstunden. Die Imagines leben ca. 3 bis 6 Wochen in direkter Nähe zu ihren Brutgewässern in der Ufervegetation, verstecken sich aber auch gern unter Steinen, in der Bodenstreu oder in Spalten von Borke und Todholz. Sie sind gewandte Läufer, die sich bei Gefahr meistens fallen lassen um sich dann ins Dunkel zwischen Steinen, Moosen oder des Waldbodens zu flüchten. Die Männchen bleiben im unmittelbarem Uferbereich. Hier versuchen sie frisch geschlüpfte Weibchen direkt zur Paarung abzupassen. Dabei ist besonders das Verhalten zur Paarfindung ungewöhnlich: Die Männchen schlagen mit ihrem Hinterleib Serien von artspezifischen Trommelsignalen auf den Untergrund. Je nach Materialbeschaffenheit werden die Signale dann mehr oder minder weit getragen. In der Nähe befindliche Tiere nehmen die Signale über Mechanorezeptoren an den Tarsen (Insektenfüße) wahr. Nur paarungswFoto: Paarung Isoperla grammatica s. lat. (38 KB)illige Weibchen geben dann in ebenso artspezifischer Weise Antwort auf das Signal. Während das Weibchen verharrt, geht das Männchen nun auf die Suche, wobei es durch wiederholtes Innehalten und Trommeln seine Richtung immer neu überprüft. Bei der Paarung nimmt das Männchen dann schräg seitliche Position zum Weibchen ein und schiebt seine gekrümmt nach unten gehaltenen Hinterleib unter den des Weibchens. Hier wird dann unter Zuhilfenahme von verschiedensten sekundären Geschlechsstrukturen der Genitalaparat des Männchens in die unter der Subgenitalplatte am Sternit 8 gelegenen Vagina eingeführt. Die Paarung kann dabei über eine halbe Stunde dauern.

Es sind die begatteten Weibchen, die man auch weiter (10 m bis 100 m) vom Gewässer entfernt antreffen kann. Möglicherweise ist es die Suche nach Nahrung, die sie vom Ufer wegführt. Während die männlichen Imagines oft keine Nahrung mehr aufnehmen, scheint es als haben die Weibchen für die Eireifung einen erhöhten Energiebedarf, den sie durch Aufnahme von Algen und Flechten (z. B. Leuctridae) oder Pollen (z. B. Chloroperlidae) decken. In Gefangenschaft gehaltene Weibchen von Isoperla grammatica zeigen eine ausgesprochene Liebe zu Vollmilch-Schokolade.

Wann kann ich Steinfliegen finden? (Phänologie)

Die Phänologie beschäftigt sich mit dem Erscheinungsbild der Arten. In Bezug auf den Lebenszyklus der Steinfliegen ist dies die Frage danach, zu welcher Jahreszeit sie z. B. als Larve, Imago oder auch nur als Ei in der Natur anzutreffen sind. Bei den meisten mitteleuropäischen Arten spannt sich das Zeitfenster in dem man Imagines finden kann (Flugzeit) nur über 2 – 3 Monate. Univoltine Arten (Arten mit einjährigem Entwicklungszyklus) sind daher vorher nur als Larve zu finden. In den Monaten nach ihrer Flugzeit lassen dann höchstens noch die am Ufer verbliebenen Exuvie auf ein Vorkommen der Art oder der Gattung am Gewässer schließen. Von Arten mit semivoltiner Entwicklung (mehrjährige Larvalentwicklung) sind dagegen das ganze Jahr über Larven anzutreffen. Hier lassen sich die einzelnen Generationen dann leicht als einjährige, zweijährige usw. Larven unterscheiden.

Die meisten Steinfliegenarten fliegen im April bis Mai. Daneben gibt es aber auch typische Frühjahrsarten wie z. B. Leuctra prima oder Arten aus den Gattungen Capnia und Taeniopteryx. Ihre Imagines laufen häufig bereits Ende Januar / Anfang Februar auf dem Schnee am Ufer ihrer Brutgewässer herum. Herbstarten wie z. B. Leuctra braueri, Protonemura nitida oder Leuctra autumnalis sind nicht vor August dafür aber manchmal noch bis in den November hinein anzutreffen.

Gewässerverschmutzung, Gefährdung

Steinfliegen sind in der Fließgewässerüberwachung wichtige Indikatoren für sehr sauberes Wasser. Im Gegenteil zu anderen aquatischen Insekten wie Eintagsfliegen oder Köcherfliegen gibt es keine Arten, die auch für deutliche Verschmutzungsstufen durch ihre Anwesenheit indizieren würden. Daher gehören Steinfliegen immer zu den ersten Opfern einer Gewässerverschmutzung. Vor allem die nur an großen Flüssen vorkommenden Arten sind sehr stark bedroht, viele in Mitteleuropa sogar schon ausgestorben. Bei den meisten der großen deutschen Flüsse kann heute nur noch vermutet werden welche Steinfliegenarten in ihnen einmal gelebt haben. Sie waren schon in den Anfängen der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts so stark verschmutzt, daß die dort lebenden Steinfliegen ausgerottet wurden, noch bevor die ersten Naturforscher begannen diese Flüsse und ihre Faunengemeinschaften näher zu untersuchen. Aber auch die Arten kleinerer Gewässer sind in zunehmenden Maße gefährdet. Immer dichter rückt die Besiedlung und Nutzung durch den Menschen auch in die Nähe kleiner Bäche in entlegenen Tälern. An Quellbächen finden sich allerorts private Fischzuchtteiche, die über ihren Auslauf den natürlicherweise nährstoffarmen Quellbach mit Fischfäkalien belasten. Überall wo Siedlungen und Landwirtschaftliche Flächen im Einzugsgebiet der Gewässer liegen, zeigen sich durch Einleitungen aus Kläranlagen und Düngung hervorgerufene sauerstoffzehrende organische Belastungen. Auch sind die strukturellen Beeinträchtigungen groß und nehmen durch z. B. Straßenausbau in engen Tälern, Ausbau von Forstwirtschaftswegen für schwere Holztransporter oder dem Hochwasserschutz für in Talauen gebauten Häuser immer mehr zu. Die Flurbereinigung hat in großen Teilen des deutschen Tieflandes Bäche in schnurgerade Entwässerungsgräben und Flüsse in strukturarme Kanäle verwandelt. Und im Gebirge unterbrechen Staustufen den natürlichen Fluß, trennen Unter- von Oberlauf. Viele Steinfliegen stehen daher auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten Deutschlands.

Festzuhalten ist, daß die Gefährdung vieler Steinfliegenarten und anderer Wasserinsekten fast immer durch Verschmutzung oder Zerstörung ihrer Lebensräume, aber so gut wie nie durch ein direktes Fangen der Tiere hervorgerufen wurde.

Literatur:

ZWICK, P. (1973): Insecta: Plecoptera (Phylogenetisches System und Katalog). In: Das Tierreich, Hrsg.: Hennig, Verlag Walter de Gryter, Berlin, Bd. 94 / 1-465.

ZWICK, P. (1980): 7. Plecoptera (Steinfliegen). S... In: Handbuch der Zoologie – Eine Naturgeschichte der Stämme des Tierreichs, Hrsg: J.G. Helmcke, D. Starck, H. Wermuth Walter de Gruyter, Berlin - New York. Bd. 4 / 2. Hälfte / 2. Teil, 115 Seiten.

ZWICK, P. (2000):  Phylogenetic system and zoogeography of the Plecoptera. Annual Review of Entomology V 45: 709-746, Palto Alto.

ZWICK, P. (2000): Phylogenetic System and Zoogeography of the Plecoptera. Annual Reviews Seite 709-746.

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